Stillschweigend wird davon ausgegangen, dass unsere Lesetechniken aus der Grundschule mit der Zeit „irgendwie“ besser werden. Da wir alle schneller lesen als in der 1. Klasse, trifft diese Annahme oberflächlich betrachtet sogar zu. Doch Älterwerden allein genügt nicht, um professionell zu lesen. Bei jeder Sportart setzen wir voraus, dass man an den Techniken feilen muss, um zu gewinnen. Nur beim Lesen kommen – noch – relativ Wenige auf die Idee, dass bessere Techniken ihre Arbeit entscheidend verändern könnten.
Unzulänglichkeiten werden hingenommen, als seien sie schicksalhaft und nicht veränderbar. Selbst in den Führungsebenen von großen Firmen sind „handgestrickte“ Lesetechniken verbreitet. Dieselben Verantwortlichen würden jedoch lachen, wenn ein Fußballer mit den braven Techniken aus seinem schulischen Sportunterricht beim FC Bayern München mitspielen möchte.
Warum ist es so schwierig, das enorme Potenzial des Themas Lesen zu kommunizieren? Warum werden die leicht zu erzielenden Steigerungen nicht in der Breite genutzt? Zum einen liegt dies wohl an der Selbstverständlichkeit, mit der das Lesen zu unserem Alltag gehört. Warum sollten wir unsere Lesegewohnheiten ändern, wenn wir doch alle – halbwegs erfolgreich – lesen können?
Doch sogar erfolgreiche Gewohnheiten können unseren Fortschritt letztlich blockieren, weil wir die Kapazität zur Verbesserung nicht mehr wahrnehmen. Deshalb muss das Lesen unter einer anderen „Überschrift“ in das allgemeine Bewusstsein gerückt werden: Lesen kann man trainieren – wie einen Sport! Golfstunden, Tennistraining, Skischule, Klavierunterricht – alles selbstverständlich, sogar als regelmäßige Termine. Warum nicht auch ein Lesetraining? Ein zweitägiger Kurs ist sogar nur ein einziges Mal erforderlich – und das Üben danach findet mit Texten statt, die man ohnehin lesen muss.
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